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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 46.1920

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Schnack, Anton: Deutscher Expressionismus Darmstadt 1920: (10. Juni bis 30. September 1920)
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https://doi.org/10.11588/diglit.7200#0234

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und angedeuteter Seele und Inbrunst reich. Von
Arnold Hensler sind drei Bildnisköpfe voll witzi-
ger eleganter Prägung. Bernhard Hoetger fes-
selt. Seine etwas trächtige, drückende und ge-
ballte Art ist von dumpfer Wirkung. Von Milly
Steger steht ein leichtsinniges lüsternes Tanz-
grüppchen da, Stärkeres gab sie dem „Unfreien".

Angegliedert ist mit großer Wirkung Graphik,
die teilweise von hervorragender Qualität ist
und die sehr Prinzipielles und Positives aussagt.
Es ist Wichtigstes vorhanden. Es ist durchweg
Gutes an den Wänden. Es sind ausgezeichnete
Stücke in großer Menge da. Neben der witzig-
ironischen Nadel Rudolf Großmanns, Formun-
gen aus einem großen weltmännisch-sicheren und
blitzenden Gefühl, neben der inbrünstigen hin-
gewühlten Art von Kokoschka, die starken
konturtragenden Schnitte undLithos Pechsteins,
prachtvolle gemeisterte Schnitte von Lasar
Segall, zarte behutsame Radierungen von See-
haus, plastisch hingeworfene von Scharff, amü-
sante Aquarelle voll Kopfsteherei, Unsinn und
Phantastik von Großschem Einfluß von R.
Schlichter-Berlin. Margarete Schubert-Darm-

stadt reißt eine bösartig lauernde, dämonenhaft
überlagerte Welt voll Unheil, Finsternis, Zu-
sammenrottung, Hunger, Gier und Armut auf.
Subtil und tief gearbeitete Motive aus dem alten
Darmstadt. Hier ist eine rasche, nervöse Phan-
tasie am Werke, durchströmt und durchschmerz-
licht von Visionen apokalyptischer Flügelhaftig-
keit. Sehr flimmernd gibt sich die Graphik von
Rene Beeh. E. M. Engert geht in seinen Scheren-
schnitten überspitzter raffinierter Verfeinerung
zu. Barlach wirkt sehr vornehm und gerundet.

Maurice de Vlaminck schneidet Städte ins
Holz: Marseille, Martignes, S. Michel, mus-
kulös in der Haltung, von energischem Wuchs
und eigenwilligem Selbstbewußtsein. Max Beck-
mann mit Radierungen aus Kasimir Edschmids
Novellenzyklus: Die Fürstin, mit Motiven aus
Bordell und Krieg, mit Köpfen und Gesichtern;
das Kriterium kommt zu der alten Feststellung:
Welt, Dinge, pathologisch unterhöhlt, eigen-
dünkelhaft, jedoch voll Form, liebend hinge-
neigt ans Primitive manchmal und auch oft voll
grauenhafter Aktualität. Man kommt zu der
Erkenntnis: wie unabänderlich dieser Mensch

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